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Fachartikel


Mediation und Recht - Das Recht in der Mediation
von RAA Mag. Arno Likar, L.L.M. und RAA Mag. Kuno Krommer
Die Grundgedanken der Mediation sind eine Mischung aus Konfliktlösungspraktiken verschiedenster Völker, Kulturen und Religionen. Der Begriff Mediation kommt aus dem Englischen und bedeutet ganz einfach „Vermittlung". Das Mediationskonzept, wie wir es nun auch seit Beginn der 90er Jahre in Österreich kennen, wurde in den 60er und 70er Jahren in den USA entwickelt. In den USA hat sich die Mediation bereits in sozialen, kommunalen, rechtlichen und politischen Bereichen etabliert. Mit dem Zivilrechtsmediationsgesetz 2003 wurde ein weiterer wichtiger Schritt zur Akzeptanz von Mediationsverfahren in Europa gesetzt.

Entgegen der nicht näher begründeten Ansicht von Kollros2 traf der Gesetzgeber jedoch keine weitreichende Regelung für die Ausübung der Mediation, sondern hat lediglich eine - prinzipiell sehr begrüßenswerte und wichtige - grundlegende Rahmengesetzgebung geschaffen, quasi ein rudimentäres Berufsrecht.3 Auch wenn Österreich im internationalen Vergleich zu den Vorreitem einer legislativen Institutionalisierung der Mediation gehört, bleiben viele Fragen nach wie vor offen und werden sich erst durch Lehre, Judikatur und weitergehende Gesetzgebung endgültig beantworten lassen. Zwischenzeitig müssen daher subsidiar die Bestimmungen des ABGB und anderer relevanter Gesetze herangezogen und Lücken im Wege der Rechtsanalogie geschlossen werden. Auch der Leiter der Zivilrechtssektion im BMJ Hopf vertritt die Auffassung, dass wir mit dem ZivMediatG erst am Beginn einer weiter und tiefer gehenden Auseinandersetzung der Rechtspolitik und der Rechtswissenschaften stehen.4 Die Autoren unternehmen mit dem vorliegenden Beitrag den Versuch, die ihres Erachtens entscheidenden Aspekte bzw Probleme darzustellen und insbesondere die Haftung des Mediators einer ersten kurzen Überprüfung zu unterziehen.



I. Einleitung

In der Literatur5 ist der Gedanke herausgearbeitet worden, dass die Mediation nicht der juristischen Methode folge. Es gehe in ihr nicht um juristische Ansprüche. Der Sachverhalt werde nicht in einen relevanten, unter Normen subsumierbaren Teil und einen nicht relevanten Teil aufgeteilt.6
Es ist zwar grundsätzlich richtig, dass die Parteien in ihren Gestaltungen ohne Berücksichtigung des - dispositiven - Rechts freier sind und sie dabei gegenseitige Gefühle, Interessen und sonstige Motivationen berücksichtigen können, die unter juristischen Gesichtspunkten nicht relevant waren. Dies schließt jedoch nicht aus, dass das Recht und auch die juristische Methode zur Lösung widerstreitender Interessen als objektive, neutrale Kriterien angewandt werden können bzw müssen (was im Übrigen auch dem HARVARD-Konzept entspricht).
Bedeutung hat das Recht in der Mediation aber uE besonders in folgenden Konstellationen:
a) Ein Mediationsverfahren wird nur dann sinnvoll durchgeführt werden können und auch zu einem sinnvollen Ergebnis führen, wenn jede Partei des Mediationsverfahrens sich über die Rechtslage im Klaren ist. Nur dann kann die Partei für sich beurteilen, ob das Ergebnis des Mediationsverfahrens im Vergleich mit der Rechtslage vertretbar bzw durchsetzbar ist (sog „Nichteinigungsalternativen"). Die positive Rolle des Rechts in der Mediation manifestiert sich darin, dass Rechtsnormen den Wert der sog Nichteinigungsalternativen der Beteiligten bestimmen. Wer zB durch einen behaupteten Vertragsverstoß seines Vertragspartners geschädigt wurde, wird einem mediativen Vergleichsvorschlag nur zustimmen, wenn dieser ihn mindestens so gut stellt, wie er voraussichtlich bei der Führung eines Gerichtsprozesses stehen wurde.7 Wie es Mnookin und Kornhauser treffend ausdrücken, wird beim Mediationsverfahren „im Schatten des Rechts" verhandelt.8 Das Recht sollte weiters immer der Fairnesskontrolle dienen, da es niemals Ziel der Mediation sein kann, eine Lösung zu erarbeiten, die (obwohl eigenverantwortlich) einen Teil gröblich benachteiligt. Die gefundene Lösung wird an den Vorschriften des zwingenden und an dem Gerechtigkeitsgehalt des dispositiven Rechts gemessen. Schließlich wird sich der Mediator in praxi vor Verfahrensbeginn ausreichende Feldkompetenz (relevante Rechtslage, grundlegendes wirtschaftliches/technisches Wissen/Verständnis usw) anzueignen haben, um nicht Gefahr zu laufen, seine (natürliche) Autorität zu verlieren und die Prozessleitung aus der Hand zu geben.
b) Das Ergebnis einer erfolgreichen Mediation wird in aller Regel eine Vereinbarung (Vertrag) zwischen den Parteien sein, die (der) den rechtlichen Anforderungen zu entsprechen hat (zB Scheidungsfolgenvereinbarung). Das Gleiche gilt für den Abschluss des Mediationsvertrages (Mediationsvereinbarung) zwischen den Parteien zu Beginn des Mediationsverfahrens. Auch wenn die mangelnde Förmlichkeit des Verfahrens schon ex definitione ein Charakteristikum der Mediation ist,9 ist ein (qualitätssichernder) fester, gesetzlicher Rahmen auch deswegen notwendig, um die Medianden vor schwer wiegenden Nachteilen zu schützen. Schließlich handelt es sich bei der Mediation um eine Tätigkeit, die vielfach in sensible Bereiche des sozialen und wirtschaftlichen Daseins der Medianden hineinreicht.10 Rechtssicherheit schafft Vertrauen und wird somit zu größerer Akzeptanz der Mediation in der Bevölkerung beitragen und die Bereitschaft erhöhen, auf die verfassungsrechtlich gewährleisteten Garantien des Art 6 MRK zugunsten der Benefizien des Mediationsverfahrens zu verzichten.



II. Definition

Nach vielen Versuchen, Mediation zu definieren, liegt nun mit § 1 Abs 1 ZivMediatG eine Legaldefinition vor: “Mediation ist eine auf Freiwilligkeit der Parteien beruhende Tätigkeit, bei der ein fachlich ausgebildeter, neutraler Vermittler (Mediator) mit anerkannten Methoden die Kommunikation zwischen den Parteien systematisch mit dem Ziel fördert, eine von den Parteien selbst verantwortete Lösung ihres Konfliktes11 zu ermöglichen."
Daraus ergeben sich die tragenden Grundpfeiler eines Mediationsverfahrens, nämlich
• die Freiwilligkeit der Teilnahme aller Parteien;
• der faire und friedliche Umgang der Parteien miteinander;
• die Vermittlung durch einen neutralen/allparteilichen Dritten;
• die Eigenverantwortlichkeit der Parteien in Bezug auf die Erarbeitung der Lösung des Konflikts und
• die Gleichrangigkeit (Parität) aller Teilnehmenden.
Primäre Aufgabe des Mediators ist es, eine konstruktive Kommunikation zwischen den Streitenden zu ermöglichen und deren eigentliche Interessen und Wünsche mit gleichem Respekt (wertschätzend) hervorzuheben. Er hat den entsprechenden Abstand zu den Parteien zu wahren und sich trotzdem in besonderer Weise um beide gleich zu bemühen, ohne dabei eine von ihnen zu bevorzugen.12 Das impliziert uE jedoch, dass der Mediator (über die Neutralität hinaus) die Verpflichtung hat, die nicht so eloquente Partei davor zu bewahren, dass diese „rhetorisch unter die Räder kommt". Der Gesetzgeber hätte demnach treffender den Begriff „allparteilicher" (anstatt neutraler) Vermittler verwenden sollen.13 Die Freiwilligkeit ist ein weiteres fundamentales Element der Mediation. Es ist darin das Bestreben von mindestens zwei Parteien zu sehen, mittels Mediation einen zwischen ihnen bestehenden Konflikt zu bewältigen. Keine Partei kann ohne oder gar gegen ihren Willen in einen solchen spezifischen Konfliktvermittlungsprozess einbezogen werden.14
Auch wenn der Gesetzgeber ausdrücklich darauf hinweist, dass es für keine Partei einen Einfluss auf ihre Rechtsstellung haben darf, wenn sie die Mediation ablehnt, gehen die Autoren nicht d'accord mit der in den EB15 dargelegten (pauschalen) Ansicht, dass die vom Richter empfohlene Mediation keine Durchbrechung des Freiwilligkeitsprinzips bedeutet16.
Vielmehr handelt es sich uA bei der geforderten Freiwilligkeit um eine innere Einstellung, die bei beiden Parteien gegeben sein muss. Eine außenmotivierte (Richter) Mediation wird wohl wie die so genannte „Powermediation"17 nie ganz von dem Makel der „Unfreiwilligkeit” befreit werden konnen. Das tatsächliche Vorhandensein der Freiwilligkeit der Parteien hat vom Mediator geprüft und allenfalls mit kommunikativen/mediativen Mitteln geschaffen zu werden. UE handelt es sich dabei um eine „Verfahrensvoraussetzung".



III. Anwendungsbereich

§ 2 ZivMediatG bestimmt, dass ua „die Rechte und Pflichten der eingetragenen Mediatoren sowie die Hemmung von Fristen durch die Mediation in Zivilrechtssachen" Regelungsgegenstand sind. Gem den EB18 sind hier Konflikte gemeint, die in letzter Konsequenz vor den ordentlichen Zivilgerichten abgehandelt werden.
Daraus resultieren für die Praxis zwei nicht zu unterschätzende Schwierigkeiten: Zum einen ergibt sich aus der Einschränkung auf Zivilrechtssachen, dass Konflikte, die in anderen Verfahrensarten, etwa im Verwaltungsverfahren, zu entscheiden sind oder für die überhaupt kein behördliches Verfahren zur Verfügung steht,19 nicht vom Anwendungsbereich des ZivMediatG umfasst sind;20 zum anderen konnte sich der nicht eingetragene Mediator21 in einem allfälligen der Mediation nachfolgenden Verfahren nicht auf seine Verschwiegenheitspflicht berufen und wurde dessen mediative Tätigkeit nicht schon ex lege die Hemmung der Verjährung oder sonstiger Fristen auslösen.22 Diese Differenzierung ist uE unsachlich, da die Klienten von nicht eingetragenen Mediatoren grundlos schlechter gestellt werden. Wollte man tatsächlich Qualitätssicherung betreiben,23 müsste die Ausübung der Mediation generell an bestimmte Voraussetzungen geknüpft werden. Die nunmehrige Situation („normaler" Mediator contra „eingetragener" Mediator) führt lediglich zu Unsicherheiten in der Bevölkerung. Das dagegen von Hopf eingewendete Argument, „dass die Grenzziehung gegenüber jenen Konflikten, zu deren Entscheidung nicht die Zivilgerichte berufen sind, nicht leicht ist" und daher Rechtsunsicherheit die Folge wäre,24 ist uE nicht überzeugend. Zum einen ist die nunmehrige Rechtsunsicherheit (wie oben dargelegt) ungleich größer, zum anderen hätte die von Hopf angesprochene Rechtsunsicherheit ohne weiteres durch eine entsprechend genaue und sinnvolle Definition des Anwendungsbereiches verhindert werden können. Letztendlich wird sich die Mediation nur dann voll durchsetzen können, wenn ein einheitliches Berufsrecht geschaffen wird. Welch Chaos würde beispielsweise entstehen, wenn es eingetragene (dem Standes- und Disziplinarrecht unterliegende) und „freie" Rechtsanwälte nebeneinander geben wurde!
Hopf gesteht schließlich auch selbst zu, dass die Rechte und Pflichten des eingetragenen Mediators auch für den nicht eingetragenen Mediator durch Gesetzesauslegung anwendbar sein können.25
Die Lösung für das erste Problem findet sich in den EB selbst: Sobald im Zusammenhang mit einer Auseinandersetzung auch nur im Entferntesten die Möglichkeit besteht, dass ein zivilgerichtliches Verfahren entstehen könnte, kommt das ZivMediatG zur Anwendung. Der Begriff „Zivilrechtssachen" ist somit weit und abstrakt auszulegen. Mögliche nachbarrechtliche Implikationen bei gewerbebehördlichen Betriebsanlagegenehmigungsverfahren sind zB ausreichend.26
Dem zweiten Problem kann zurzeit zum einen so begegnet werden, dass jeder nicht eingetragene Mediator die entsprechenden Vereinbarungen (Ruhen des Verfahrens, Verzicht auf den Verjährungseinwand) in die Mediationsvereinbarung aufnimmt. Unterlässt er dies, kann es allenfalls zur Haftung27 kommen.
Zum anderen ergibt sich jedoch uE aus der ratio legis, dass die Verschwiegenheitspflicht (Zeugnisunfähigkeit) und Fristenhemmung nicht nur für eingetragene, sondern für alle Mediatoren gilt. Zweck ist namlich - wie oben erwähnt - Qualitätssicherung und somit Schutz der Medianden. Die Eintragung in die Liste der Mediatoren sollte ausdrücklich nicht zur Berufsvoraussetzung werden. Daher sind die Bestimmungen über die Rechte und Pflichten der eingetragenen Mediatoren und die Fristenhemmung analog auf sämtliche Mediatoren anzuwenden.
Diese Auslegung wurde auch den Erwartungen und Erfordernissen der Praxis gerecht werden.



IV. Pflichten des (eingetragenen) Mediators

1. Bezeichnung
Der eingetragene Mediator ist gem § 15 Abs 1 ZivMediatG berechtigt und verpflichtet, sich als eingetragener Mediator zu bezeichnen. Zweck dieser Bestimmung ist es, dem Mediator eine Art öffentliches „Gütesiegel" zu verschaffen und gleichzeitig die potenziellen Medianden zu schützen.28

2. Verbot der Annahme von Provisionen
Um unseriösen Geschäftspraktiken von vornherein einen Riegel vorzuschieben, ist es eingetragenen Mediatoren gem § 15 Abs 2 ZivMediatG untersagt, Vergütungen für die Vermittlung oder Empfehlung von Personen zur Mediation zu geben, zu nehmen, zu versprechen oder sich zusichem zu lassen. Handelt ein eingetragener Mediator der Bestimmung des § 15 Abs 2 ZivMediatG zuwider, so ist das auf die Provision abzielende Rechtsgeschäft nichtig (vgl § 879 Abs 1 ABGB). Bereits erstattete Leistungen können nach den allgemeinen bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zurückgefordert werden. Ein Verstoß gegen das in § 15 Abs 2 ZivMediatG normierte „Provisionsverbot" zieht gem § 32 Z 2 ZivMediatG eine Verwaltungsstrafe nach sich.

3. Unvereinbarkeit der Tätigkeit des Mediators
Wenn eine Person in dem Konflikt, auf den sich die Mediation bezieht, selbst Partei, Parteienvertreter, Berater oder Entscheidungsorgan ist oder in der Vergangenheit war, ist sie von der Tätigkeit als Mediator ausgeschlossen. Umgekehrt ist es einem (eingetragenen) Mediator untersagt, als Vertreter, Berater oder Entscheidungsorgan in dem von ihm mediierten Konflikt aufzutreten. Der Gesetzgeber vermeint in diesem Zusammenhang, dass es in diesen Situationen und Konstellationen an der für die Mediation geforderten und notwendigen Äquidistanz zu den Parteien mangelt. Stimmen jedoch alle betroffenen Parteien der Umsetzung des Mediationsergebnisses durch den Mediator zu, sieht § 16 Abs 1 letzter Satz ZivMediatG in diesem Fall eine Ausnahme vom Vertretungs- und Beratungsverbot vor.29
Vielfach wird es daher in der Praxis der Wunsch der Medianden sein, dass der Mediator die Ergebnisse - so er dazu über die nötigen Kenntnisse verfügt - umsetzt, also etwa eine notarielle oder sonstige Urkunde verfasst30 (somit das Ergebnis gerichtsfest bzw durchsetzbar macht). Die berufsrechtliche Berechtigung für die Umsetzung der Mediationsergebnisse wird aber nicht durch das ZivMediatG verliehen, sondern erwächst aus den sonstigen beruflichen Befugnissen - zB eines Rechtsanwalts oder Notars.

4. Aufklärungspflicht
Der (eingetragene) Mediator hat die Parteien gem § 16 Abs 2 ZivMediatG über das Wesen und die Rechtsfolgen der Mediation (insbesondere Hemmung von Fristen, relative Zeugnisunfähigkeit) aufzuklären. Die Aufklärungspflicht ist auch deshalb ein sehr wichtiger Punkt, da es sich bei der Mediation zwar grundsätzlich um einen in der Bevölkerung positiv verankerten Begriff handelt, es sich jedoch um eine weitgehend neue Methode der Konfliktbegleitung/-regelung handelt, deren Grundlagen, Abläufe und Konsequenzen der breiten Öffentlichkeit im Detail noch nicht bekannt sind.

5. Pflicht zur persönlichen Ausübung
Die Mediation ist vom (eingetragenen) Mediator gem § 16 Abs 2 ZivMediatG nach bestem Wissen und Gewissen, persönlich und unmittelbar durchzufuhren.
Da möglicherweise Themen angesprochen werden, die im höchstpersönlichen Bereich liegen, ist, um das unbedingt erforderliche Vertrauensverhältnis nicht zu gefährden, selbst im Falle der Verhinderung des (eingetragenen) Mediators eine Delegation bzw Substitution nicht gestattet. Selbst wenn mehrere Mediatoren in einer einheitlichen Organisation tätig sind, ist es zur Wahrung der höchstpersönlichen Sphäre nicht möglich, den Fall an ein anderes Mitglied zu übertragen.31

6. Hinweis auf Notwendigkeit einer weitergehenden Beratung
Der (eingetragene) Mediator hat die Parteien gem § 16 Abs 3 ZivMediatG auf einen Bedarf an Beratung, insbesondere in rechtlicher Hinsicht, der sich im Zusammenhang mit der Mediation ergibt, sowie auf die Form hinzuweisen, in die das Ergebnis der Mediation gefasst werden muss, um die Umsetzung sicherzustellen.

7. Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht
Der (eingetragene) Mediator ist aus Gründen der Beweissicherung verpflichtet, den Beginn sowie das Ende der Mediation festzuhalten und diese Dokumente mindestens sieben Jahre nach Beendigung der Mediation aufzubewahren.32 Durch diese Aufzeichnungen soll in einem allfälligen späteren Zivilverfahren beweisbar sein, ob die Mediation gehörig fortgesetzt wurde.33

8. Verschwiegenheitspflicht
§ 18 ZivMediatG normiert eine essenzielle Grundvoraussetzung jedes Mediationsverfahrens:
„Der [eingetragene] Mediator ist zur Verschwiegenheit über Tatsachen verpflichtet, die ihm im Rahmen der Mediation anvertraut oder sonst bekannt wurden. Er hat die im Rahmen der Mediation erstellten oder ihm übergebenen Unterlagen vertraulich zu behandeln.”
Um sicherzustellen, dass sich die Parteien dem Mediator mit ihrer Interessenslage völlig öffnen, dürfen Mediatoren gem § 320 Z 4 ZPO in Ansehung dessen, was ihnen in den auf die gutliche Einigung abzielenden Gesprächen anvertraut oder sonst bekannt wurde, als Zeugen nicht vernommen werden. Dabei handelt es sich um kein Entschlagungsrecht, sondern um ein von Amts wegen zu beachtendes Beweisaufnahmeverbot, so dass Mediatoren über die von ihnen gefuhrten Mediationsgespräche unter keinen Umständen im Zivilprozess einvernommen werden dürfen. Im Gegensatz von Geistlichen und Staatsbeamten, die ebenfalls zeugnisunfähig sind, kommt beim Mediator eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht nicht in Betracht.34 Wie schon oben erläutert, trifft die Verschwiegenheitspflicht nicht nur eingetragene, sondern uE sämtliche Mediatoren.
Eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht ist gem § 31 ZivMediatG mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu ahnden. Es handelt sich dabei um ein Privatanklagedelikt. Der Tater wäre lediglich dann nicht zu bestrafen, wenn die Offenbarung oder Verwertung der an sich der Verschwiegenheit unterliegenden Tatsachen nach Inhalt und Form durch ein offentliches oder berechtigtes privates Interesse gerechtfertigt ist.

9. Pflicht zur Fortbildung
Der (eingetragene) Mediator hat sich gem § 20 ZivMediatG angemessen, zumindest im Ausmaß von 50 Stunden innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren, fortzubilden und dies dem BMJ alle fünf Jahre nachzuweisen.

10. Mitteilungspflicht
§ 21 ZivMediatG verpflichtet den (eingetragenen) Mediator zur unverzüglichen Mifteilung an den BMJ über jegliche Änderung von Umstanden, die seine Eintragung in die Liste der Mediatoren betreffen.



V. Fristenhemmung

Durch die Einführung der Mediation als alternatives, außergerichtliches Konfliktregelungsinstrument in Zivilrechtssachen sind im Lichte des damit verbunden Rechtsgestaltungspotenzials im Bereich des Zivilrechts gesetzliche Vorkehrungen notwendig geworden. In Anlehnung an die Bestimmungen für die Mediation in Familienrechtssachen35 wurde vom Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, dass Konfliktparteien Mediation in Anspruch nehmen, ohne dass ihnen währenddessen materiell-rechtlich durch den Lauf von Fristen oder verfahrensrechtlich durch Fortgang der Sache bei Gericht Nachteile entstehen.36 § 22 ZivMediatG normiert die Hemmung von Fristen wie folgt:
(1) Der Beginn und die gehörige Fortsetzung einer Mediation durch einen eingetragenen Mediator hemmen Anfang und Forflauf der Verjährung sowie sonstiger Fristen zur Geltendmachung der von der Mediation betroffenen Rechte und Ansprüche.
(2) Die Parteien können schriftlich vereinbaren, dass die Hemmung auch andere zwischen ihnen bestehende Anspruche, die von der Mediation nicht betroffen sind, umfasst. Betrifft die Mediation Rechte und Ansprüche aus dem Familienrecht, so umfasst die Hemmung auch ohne schriftliche Vereinbarung sämtliche wechselseitigen oder von den Parteien gegeneinander wahrzunehmenden Rechte und Anspruche familienrechtlicher Art, sofern die Parteien nichts anderes schriftlich vereinbaren.
§ 22 Abs 1 ZivMediatG normiert, dass durch ein Mediationsverfahren Fristen zur Geltendmachung von Rechten und Ansprüchen, die durch die Mediation betroffen sind, gehemmt werden.37 Diese Regelung bezieht sich auf Verjährungs-, aber auch auf Ausschluss-und Präklusivfristen - nicht aber jedoch auf verfahrensrechtliche Fristen.38 Damit sollen die Parteien während des Mediationsverfahrens nicht unter Druck gesetzt werden, ihre Anspruche gerichtlich geltend zu machen, um diese nicht zu verlieren. Die Hemmungswirkung kann sich naturgemäß nur auf das Rechtsverhältnis zwischen den Mediationsparteien beziehen; Ansprüche Dritter oder gegenüber Dritten werden dadurch nicht berührt.
Wie schon nach § 99 EheG und Art XVI KindRAG 2001 soll es sich bei der vorgesehenen Hemmung nicht wie nach der Rechtssprechung zu § 1496 ABGB - um eine Ablaufhemmung,39 sondern um eine Fortlaufhemmung handeln.
Bei einem Mediationsverfahren in Scheidungssachen gem § 99 EheG wirkt(e) die Fristenhemmung ex lege über den eigentlichen Gegenstand der Mediation hinaus und umfasst(e) alle Ansprüche familienrechtlicher Art zwischen den Parteien. Bei der Mediation in Kindschaftssachen erfasst(e) die Fristenhemmung nach Art XVI KindRAG 2001 alle kindschaftsrechtlichen Ansprüche. Damit soll(te) vermieden werden, dass die Parteien gerichtliche Verfahren gegeneinander in Gang setzen, die in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Thema der Mediation stehen und dadurch deren Erfolg gefährden kdnnten. Diese Bevorzugung familienrechtlicher Mediation soll aufrechterhalten und auf alle familienrechtlichen Rechte und Ansprüche ausgeweitet werden. Wegen des engen Konnexes von Scheidungs- und Kindschaftsmediation soll überdies die fristenhemmende Wirkung übereinstimmend geregelt werden.40
In den EB wird in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass es sich hierbei jedoch um dispositives Recht handelt. Durch eine schriftli¬che Vereinbarung soll den Parteien die Möglichkeit gegeben werden, Rechte oder Ansprüche von dieser erweiterten Hemmungswirkung auszunehmen.41 Im übrigen Bereich des Zivilrechts wird demnach den Parteien durch die Bestimmung des § 22 Abs 2 erster Satz ZivMediatG die Möglichkeit eröffnet, im Zuge einer bereits auf ein bestimmtes Thema ausgerichteten Mediation eine Bereinigung weiterer zwischen ihnen bestehender Konflikte herbeizuführen. Hiefür ist jedoch eine Vereinbarung erforderlich, in welcher die Parteien übereinkommen, dass die Hemmung von Fristen auch für andere wechselseitige Ansprüche, die von der Mediation nicht betroffen sind, gilt.42
§ 22 ZivMediatG ändert jedoch nichts an der Rechtsprechung,43 wonach Vergleichsverhandlungen zur Hemmung des Ablaufs der Verjährung oder einer Präklusivfrist führen können.44



VI. Die Mediationsvereinbarung / der Mediationsvertrag

1. Allgemeines
Wie schon erwahnt, besitzt die Mediation keine zwingend zu befolgenden Verfahrensvorschriften. Es liegt an den Parteien und am Mediator den konkreten Ablauf der Konfliktvermittlung zu bestimmen. Diese Gestaltungsfreiheit darf jedoch nicht gegen die Grundsätze der Mediation45 und nicht gegen zwingendes Recht verstoßen. Aus Theorie und Praxis hat sich im letzten Jahrzehnt ein allgemeines Prozessschema herausgebildet, dessen Befolgung eine umfassende Problematisierung aller Elemente des Konflikts erlaubt und die kooperative Erarbeitung Gewinn bringender und lösungsorientierter Resultate erleichtert.
Theoretisch wäre zwischen Mediationsvereinbarung (zwischen den Konfliktparteien = Medianden) und Mediationsvertrag (zwischen den Medianden und dem Mediator) zu unterscheiden.46 Da in der Praxis jedoch überwiegend eine Vereinbarung getroffen wird, die sämtliche Rechte und Pflichten sowie das Verfahren regelt, ziehen es die Autoren vor, einheitlich von Mediationsvereinbarung sprechen.

2. Inhalt
Die Konkretisierung und individuelle Anpassung der Grundsätze der Mediation erfolgt im gemeinsamen Zusammenwirken aller Beteiligten im Zuge der Erstellung der Mediationsvereinbarung. Als Programmvorschriften vereinbaren die Parteien daher, während des Verfahrens fair und gerecht zu sein, voile Kooperationsbereitschaft zu zeigen und die Bedürfnisse aller zu beachten. Sie verpflichten sich, einen gemeinsamen Weg der einvernehmlichen Konfliktlösung zu beschreiten und alles zu verhindern, was diesem Vorhaben schaden konnte. Konkretisiert werden diese allgemeinen Bestimmungen zumeist mit Kommunikationsregeln47 und individuellen Verhaltensvorschriften.48
Des Weiteren werden die tragenden Grundsätze des Mediationsverfahrens, wie etwa die Unterlassung gerichtlicher Schritte während des Verfahrens, das Informationsverwertungsverbot (Geheimhaltung), das umfangreiche Beendigungsrecht und die Pflicht zur Offenlegung aller notwendig erscheinenden Informationen, insbesondere der Vermögens- und Einkommensverhältnisse (Transparenzgebot), in entsprechender Weise normiert. Die Verschwiegenheitspflicht, das Zeugnisverbot und die Fristenhemmung mussten nun nicht mehr ausdrücklich erwähnt werden, wurden jedoch zusätzlich zur Aufklärung und Beruhigung der Medianden beitragen.
Schließich sollte jedenfalls das Honorar des Mediators schriftlich vereinbart werden.49
Die Mediationsvereinbarung ist von einem Wechselspiel gegenseitiger Rechte und Pflichten gekennzeichnet. Es handelt sich nicht bloß um einseitige Verbindlichkeiten, bei denen ein Teil nur berechtigt, der andere nur verpflichtet wird, sondern es entstehen Hauptleistungspflichten auf beiden Seiten, so dass jeder Beteiligte zugleich Schuldner und Gläubiger wird.50
Wie oben bereits erläutert, hat die Mediationsvereinbarung grundsätzlich zwei Regelungsgebiete zum Gegenstand, welche einerseits die Pflichten der Konfliktparteien, andererseits das Verhalten des Vermittlers im Konfliktlösungsprozess behandeln.

3. Rechtliche Beurteilung
Wie jeder Vertrag so ist auch die Mediationsvereinbarung darauf ausgerichtet, Rechtsfolgen herbeizuführen. Es ist also grundsätzlich Intention der Konfliktparteien, durch Abgabe ihrer Willenserklärung rechtsgeschäftlich tätig zu werden und bei Verstößen gegen die Mediationsvereinbarung eine gerichtliche Geltendmachung zu ermöglichen.51
Mit Blick auf den Leistungsgegenstand wird man in aller Regel von einem Rechtsfolgewillen der Konfliktparteien bei Abschluss der Mediationsvereinbarung ausgehen konnen. Geschuldet ist ein Bemühen, das auf die gemeinsame Erarbeitung eines zufrieden stellenden Ergebnisses gerichtet ist. Die Parteien haben dabei alles zu unterlassen, was einer diesbezüglichen Erarbeitung schaden könnte, der Mediator hat sich aus der Inhaltsebene herauszuhalten und den Kommunikationsprozess zu leiten und empathisch zu begleiten. Der Mediationsvertrag als Gentlemen's Agreement würde die institutionelle Mediation zu einer bloß informell geführten Verhandlung verkümmern lassen, welche die inhaltliche Ausgestaltung des einzuhaltenden Vorgehens bei der Konfliktbearbeitung nicht ausreichend darlegen könnte.52

Die Vereinbarung zwischen den Konfliktparteien stellt demzufolge ein zweiseitiges Rechtsgeschäft dar, das durch übereinstimmende Willenserklärungen, den Konflikt unter Zugrundelegung der vereinbarten Grundsätze mediativ lösen zu wollen, zustande kommt (§ 861 ABGB). Die Mediationsvereinbarung ist zwei- bzw mehrseitig verpflichtend, da jeder der Vertragspartner zugleich berechtigt und verpflichtet wird.53 Da der Verpflichtung der einen Partei, sich um eine Verhandlungslösung zu bemühen, eine Verpflichtung mit gleichem Inhalt auf der anderen Seite gegenübersteht - wobei beide Leistungen in einem äquivalenten Verhältnis stehen -, kann darin eine Entgeltlichkeit gesehen werden. Ziel der Mediation (und Inhalt der Mediationsvereinbarung) ist es, zu versuchen, eine gemeinsame, schriftliche Vereinbarung zu entwerfen, in welcher die mit dem Konflikt im Zusammenhang stehenden Fragen einvernehmlich geregelt werden. Leistungsgegenstand ist dabei nicht die Entwicklung eines Endergebnisses (es wird kein Erfolg geschuldet), sondern den Medianden das Umfeld zur Erarbeitung einer eigenverantwortlichen Lösung aufzubereiten und zu erhalten.
Die Verpflichtung der Konfliktparteien aus der Mediationsvereinbarung ist als Dauerschuldverhältnis mit atypischem Inhalt zu qualifizieren. Es ist nämlich das Interesse der Parteien, die Verpflichtungen aus dem Mediationsvertrag nach einer im Voraus noch nicht bestimmbaren Zeit,54 durch spätere Vereinbarung oder einseitigen rechtsgestaltenden Akt (Kündigung) beenden zu lassen. Besonders die außerordentliche Kündigung des Mediationsvertrages als Ausdruck der Freiwilligkeit, die jeder Konfliktpartei - und auch dem Mediator - das Recht zum sofortigen Austritt aus dem Vermittlungsverfahrens gibt, Iässt sich als Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses mit schuldrechtlicher ex nunc Wirkung praktisch besser anwenden als das in diesem Zusammenhang unzweckmäßig erscheinende Rücktrittsrecht zur Beendigung eines Zielschuldverhältnis nach § 91 8 ABGB (mit schuldrechtlicher Wirkung ex tunc).55 Die gegenseitige Mitwirkungspflicht der Medianden ist zwar durch den Klageverzicht abgesichert, die zentrale Pflicht, persönlich an der Mediationssitzung teilzunehmen, kann uE jedoch keinesfalls durch Erfüllungsklage oder einstweilige Verfügung erzwungen werden,56 da ansonsten das Mediationsverfahren (basierend auf dem Prinzip der Freiwilligkeit) ad absurdum geführt wurde. Die Verpflichtungen zwischen dem Mediator und den Medianden sind in aller Regel als freier Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter zu qualifizieren.
Die Mediationsvereinbarung ist uA daher als Vertragskoppelung zweier Hauptverträge zu sehen, die, ohne dass die jeweiligen Leistungen aus jedem einzelnen Verhältnis in einem inneren Zusammenhang stehen, voneinander wechselseitig abhängig sind - dh geht ein Vertrag unter, so erleidet der andere das selbe rechtliche Schicksal.57 Es handelt sich dabei um einen atypischen Vertrag, der unter keinen gesetzlich bestehenden Vertragstyp subsumierbar ist.
Obzwar aufgrund der herrschenden Privatautonomie die Mediationsvereinbarung keiner gesetzlichen Form bedarf, ist doch im Lichte der Rechtssicherheit die Schriftform unerlässlich. Dies dient vor allem der leichteren Beweisbarkeit und dem Vertrauen der Parteien in die Ernsthaftigkeit der Mediation. Auch allfällige Änderungen der Mediationsvereinbarung sind tunlichst schriftlich festzuhalten.

4. Punktation - Abschlussvereinbarung
Ein Mediationsverfahren wird entweder gemdB § 5 Abs 6 ZivMediatG durch die Medianden oder durch den Mediator beendet oder gem § 13 leg cit zwischen Medianden und Mediatoren mit einer schriftlichen Punktation oder Mediationsvereinbarung abgeschlossen. Dabei wird es sinnvoll bzw geboten sein, das Mediationsergebnis von einem Rechtsanwalt rechtlich überprüfen zu lassen.
Eine weitere juristische Ausgestaltung oder Umsetzung des Mediationsergebnisses findet in aller Regel nicht mehr im Rahmen der Mediation start, sondern wird in den meisten Fällen aufgrund eines separaten Auftrages durch einen Rechtsanwalt bzw Notar (zB Notariatsakt) vorgenommen und durchgeführt werden.58



VII. Die Haftung des Mediators

Für die Frage der Haftung des Mediators ist die Ausgestaltung des Mediationsverfahrens bedeutsam. In der prämediativen Phase des Verfahrens wird die Sach- und Rechtslage ausführlich erörtert (Bestandsaufnahme). Hier werden also auch Fragen der Verjährung von Ausschlussfristen und sonstigen der einen Partei günstigen und der anderen Partei ungünstigen Rechtsposition erörtert werden.
Allgemein kann festgehalten werden, dass der Mediator ein Bemühen schuldet, den Mediationsprozess mit geeigneten und anerkannten mediativen Mifteln zu leiten und somit den Medianden das Umfeld zur Erarbeitung einer eigenverantwortlichen Lösung aufzubereiten. Dazu gehort uE auch, die (hinter den Positionen stehenden) Interessen zu erforschen und auf die Entwicklung von Einigungsoptionen hinzuwirken.
Unzweifelhaft ist uE die Qualifikation eines Mediators als „Sachverständigen" iSd § 1299 ABGB.
Geht man von der primär geschuldeten Leistung des Mediators aus, haftet er jedenfalls dann, wenn er ein Mediationsverfahren durchführt, dass von den anerkannten Grundsätzen59 merkbar abweicht.
Selbstverständlich treten neben diese Haftungstatbestande, auch die allgemeinen Schadenersatzersatzanspruche - Haftung aus Delikt und Verletzung rechtlicher Sonderbeziehung (zB Vertrag) -hinzu.60
UE macht sich der Mediator auch dann schadenersatzpflichtig, wenn er nach angemessener „Verfahrensdauer" es unterlässt, die Medianden auf die Unwahrscheinlichkeit einer Lösung hinzuweisen. Dies gilt auch dann, wenn ein Mediator einen Mediationsauftrag übernimmt, obwohl er aufgrund seines Kenntnisstandes davon ausgehen hatte mussen, dass aufgrund der Interessen der Medianden die Nichteinigungsalternativen überwiegen oder die Eskalationsstufe zu hoch ist.
Fraglich ist, ob der Mediator jene Partei, die durch die angestrebte einvernehmliche Lösung (in seinen Augen offensichtlich) eklatant schlechter gestellt wurde, als bei deren bester Nichteinigungsalternative,61 darauf hinzuweisen hat.62 Ue nachdem, ob es sich um einen anwaltlichen Mediator handelt, mussten bejahendenfalls unterschiedliche Anforderungen gestellt werden, da die Aufklärungspflichten auch von der „Rollenerwartung" der Medianden abhängen.
Eine abschließende Betrachtung der Haftung des Mediators würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen und sei daher an dieser Stelle auf die allgemeinen Grundsätze des Schadenersatzrechts verwiesen.
Klar ist jedenfalls, dass der Mediator gegenüber den Parteien schadenersatzpflichtig werden kann, wenn er seine Pflichten verletzt.63 Für diesen (Haftungs-)Fall wird man wohl auch für den nicht eingetragenen Mediator die Bestimmungen der §§ 15 bis 21 ZivMediatG analog heranzuziehen haben, so dass eine Unterscheidung unterbleiben kann. Auch aus dem Erfordernis des Abschlusses einer Haftpflichtversicherung mit einer Mindestversicherungssumme von € 400.000,- pro Versicherungsfall (für den eingetragenen Mediator)64 „zur Deckung der aus seiner Tätigkeit entstehenden Schadenersatzansprüche[n]"65 lasst sich auf die durchaus vorhandene Haftungsträchtigkeit des Berufs des Mediators schließen. Die Versicherungssumme entspricht dabei den Regelungen über die Versicherung von Angehörigen freier Berufe im Justizbereich, etwa der Rechtsanwälte oder gerichtlich beeideten Sachverständigen. Die deutsche Lehre erachtet es - in Ermangelung eines Gesetzes - für sinnvoll und zulässig, Haftungsbegrenzungen im Mediationsvertrag zu vereinbaren. Hier kommt einerseits die Haftungsbeschränkung auf €250.000,- gem § 51 a Abs 1 (d)BRAO66 [„Der Anspruch des Auftraggebers aus dem zwischen ihm und dem Rechtsanwalt bestehenden Vertragsverhältnis auf Ersatz eines fahrlässig verursachten Schadens kann durch schriftliche Vereinbarung im Einzelfall bis zur Höhe der Mindestversicherungssumme beschränkt werden') in Betracht und lasst sich andererseits das Haftungsrisiko auch dadurch verringern, dass die Aufgaben des Mediators im Mediationsvertrag angeführt und entsprechend begrenzt werden.67 Sollte daher eine freiwillige Höherversicherung des Mediators vorliegen, so konnte dieser ua im Mediationsvertrag seine Haftung mit der Mindestversicherungssumme (in Österreich mit € 400.000,- gesetzlich geregelt)68 beschränken.



VIII. Der anwaltliche Mediator

In den Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes (RL-BA 1977) ist die Ausübung der Mediation durch einen Rechtsanwalt standesrechtlich geregelt. Die anwaltliche Tätigkeit umfasst zufolge § 63 RL-BA explizit auch Mediation. Der RA ist als Mediator verpflichtet, von sich aus die Parteien über Umstände zu informieren, die seine Unabhängigkeit, Allparteilichkeit und Neutralität beeinflussen können.69
Selbstverständlich ist der RA - wie in allen seinen Tätigkeitsbereichen - zur absoluten Verschwiegenheit berechtigt und verpflichtet (Zeugnisentschlagung). Es ist ihm ausdrücklich untersagt, seine Aufzeichnungen an Dritte (auch nicht an Gerichte oder Behörden!) herauszugeben. Über Anfrage der Gerichte (Behörden), ob und wann eine Mediation stattgefunden hat, hat er jedoch Auskunft zu geben.70
Dem RA ist es ausdrücklich gestattet (und wird dies auch in der Praxis von den Parteien gewünscht), bei Zustimmung beider Parteien die getroffene Vereinbarung mit dem rechtlich gebotenen Inhalt und in der gesetzlich geforderten Form zu verfassen und dafür ein nicht im Rahmen der Mediation abzugeltendes Honorar zu ver-langen.71
Schließlich ist klar, dass ein als Mediator tätig gewordener RA in einer nachfolgenden Streitigkeit oder in einer damit zusammenhangenden Tätigkeit nicht eine einseitige Beratung oder Vertretung übernehmen darf.72
Der anwaltliche Mediator unterliegt bei Durchführung einer Mediation den Berufsregeln der Rechtsanwälte. Sofern er nicht in die Mediatorenliste eingetragen ist, darf er nicht den Eindruck erwecken, er sei „eingetragener" Mediator. Generell hat der anwaltliche Mediator von Anfang an klar zu stellen, ob er als Anwalt oder als Mediator auftritt und beide „Rollen" säuberlich zu trennen. Selbstverständlich kann (und soll) er jedoch seine mediativen Fähigkeiten in allen Bereichen seiner anwaltlichen Tätigkeit einsetzen. Gerade der Wirtschaftsanwalt wird von seiner Konfliktlösungskompetenz bei einer Vielzahl seiner Transaktionen profitieren.



IX. Resümee / Ausblick

Mit der legislativen Institutionalisierung der Mediation wurde ein erster wichtiger Schritt in Richtung eines Berufsrechts für Mediatoren gesetzt. Die Voraussetzungen für die Eintragung in die Liste beim BMJ, die Standards von Ausbildungseinrichtungen und die wesentlichen Rechte und Pflichten des Mediators sind nun positivrechtlich geregelt.
Unzulänglich ist die Unterscheidung in „eingetragene" und „sonstige" Mediatoren, da diese weder zur Qualitätssicherung noch zum Schutz der Medianden beiträgt, sondern stattdessen zu Rechtsunsicherheit und Verwirrung führt.
Jedem Mediator muss allerdings auch klar sein, dass er als Sachverständiger iSd § 1299 ABGB für eine (nicht) lege artis durchgeführte Mediation einzustehen hat. Auch wenn ihm keine Entscheidungsbefugnis zukommt und er “lediglich” den (Kommunikations-)Prozess leitet, besteht ein nicht zu unterschätzendes Haftungspotenzial.
Die Praxis wird zeigen, ob es nicht doch sinnvoller gewesen wäre, allgemeine Berufszugangsvoraussetzungen gesetzlich festzulegen.

Dieser Fachartikel ist zuerst in AnwBl erschienen






1) Mag. Arno Likar, LL.M. (LSE), ist Rechtsanwaltsanwärter der ALIX FRANK Rechtsanwälte KEG in Wien und eingetragener Mediator; Mag. Kuno Krommer ist Rechtsanwaltsanwärter der Sozietät Schiffner & Diebald in Koflach und ebenfalls eingetragener Mediator (team-mediation-graz).
2) Kollros, Die Rechtsstellung des Mediators nach dem Zivilrechts-Mediations-Gesetz, ecolex 2003, 745.
3) BGBI 2003/29 vom 6. 6. 2003 über Mediation in Zivilrechtssachen (Zivilrechts-Mediations-Gesetz - ZivMediatG) sowie über Änderungen des Ehegesetzes, der Zivilprozessordnung, der Strafprozessordnung, des Gerichtsgebührengesetzes und des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2001. Mit 7. 6. 2003 sind die Bestimmungen über den Beirat wirksam geworden, seit 1.3. 2004 können Anträge auf Eintragung in die Lis¬ts der Mediatoren gestellt werden und seit 1.5. 2004 ist das ZivMe¬diatG schlieBlich voll in Kraft (somit auch die Rechte und Pflichten der Me¬diatoren).
4) Hopf, Das Zivilrechts-Mediations-Gesetz, OJZ 2004, 41,51.
5) Vgl Ponschab, Mediation und Recht juristisches Neuland oder Modeerscheinung? (d)BB 1998, Heft 35.
6) Neubauer, Mediation aus berufsrechtlicher Sicht, AnwBl 2001, 242 ff.
7) Eidenmuller, Verhandlungsmanagement durch Mediation, in Henssler/ Koch (Hrsg), Mediation in der Anwaltspraxis 1999, 39, 57.
8) Mnookin/Komhauser, Bargaining in the Shadow of the Law: Case of Divorce, Yale Law Journal 1979, 950 ff.
9) Ste'mbwck, Wirtschaftsmediation und außergerichtliche Konfliktlösung, dAnwBI 1999,574,577.
10) Vgl Hopf, Das Zivilrechts-Mediations-Gesetz, OJZ 2004, 41, 43.
11) Glasl (Konfliktmanagement 1999), definiert den Konflikt als eine Unvereinbarkeit zwischen Personen, wobei mindestens eine Person eine Unvereinbarkeit (Differenz) im Denken, Vorstellen, Wahmehmen oder Fühlen im Bezug zu einem Anderen in der Art erlebt, dass es zu einer Beeinträchtigung des Erlebens kommt.
12) EB RV 24 BlgNR 22. GP zu § 1 ZivMediatG.
13) Selbst die EB (siehe FN 12) führen aus, dass in Fachkreisen in diesem Zusammenhang von Allparteilichkeit gesprochen wird.
14) OGH 15. 7. 1997, 1 Ob 161/97a.
15) EB RV 24 BlgNR 22. GP zu § 1 ZivMediatG.
16) Aus der Praxis ist doch bekannt, dass die Parteien den Anordnungen des Gerichts schon alleine deswegen Folge leisten, um nicht Gefahr zu laufen, den Prozess zu verlieren (selbstverständlich entscheiden Richter letztendlich nach bestem Wissen und Gewissen und darf sich auch von Gesetzes wegen die Position der Parteien nicht verschlechtern).
17) Der ägyptisch-israelische Konflikt und das Abkommen von Camp David (1978) stellen das wohl bekannteste Beispiel für Power-Mediation (Jimmy Carter) dar.
18) EB RV 24 BlgNR 22. GP zu § 1 ZivMediatG.
19) So zB Probleme bei Unternehmensnachfolgen oder zwischen Arbeitnehmern, die noch keine rechtliche Relevanz erreichen, aber zu Synergieverlusten und Ineffizienzen führen.
20) Damit wollte der Gesetzgeber offenbar die Schwierigkeiten der kompetenzrechtlichen Zuordnung vermeiden.
21) Weder stellt die Eintragung in die vom BMJ geführte Liste eine Berufsvoraussetzung/Zugangsbeschränkung dar noch handelt es sich bei der Me¬diation u, ein Gewerbe iSd GewO. Es kann somit nach der jetzigen Gesetzeslage jede natürliche Person Mediation anbieten, solange sie zumindest die grundsätzlichsten mediativen Techniken anwendet (auch wenn lediglich das ZivMediatG die Ausnahme der Mediation von der GewO statuiert, ist doch analog auch davon auszugehen, dass der nicht einge¬tragene Mediator ebenfalls - gesetzlich - ausgenommen ist).
22) EB RV 24 BlgNR 22. GP zu § 1 ZivMediatG.
23) Vgl EB RV 24 BlgNR 22. GP zu § 15 ZivMediatG.
24) Hopf, Zivilrechts-Mediations-Gesetz, OJZ 2004, 41, 46.
25) Ibid.
26) EB RV 24 BlgNR 22. GP zu § 1 ZivMediatG.
27) Der nicht eingetragene Mediator ist allerdings nicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung verpflichtet, so dass den allenfalls geschädigten Medianden nicht einmal ein Haftungsfonds zur Verfugung steht.
28) EB RV 24 BlgNR 22. GP zu § 15 ZivMediatG.
29) Vgl § 13 Abs 8 ARL zu § 39 FLAG.
30) EB RV 24 BlgNR 22. GP zu § 15 ZivMediatG.
31) Ibid.
32) § 17 Abs 1 u 3 ZivMediatG.
33) EB RV 24 BlgNR 22. GP zu § 17 ZivMediatG.
34) Vgl EB RV 24 BlgNR 22. GP zu § 320 ZPO.
35) EheRAG 1999 und KindRAG 2001.
36) Ferz/Filler, Mediation, Gesetzestexte und Kommentar 59.
37) Im Wesentlichen dem Vorbild des (ehemaligen) § 99 EheG und des (ehemaligen) Art XVI KindRAG 2001 folgend.
38) Siehe§ 128 Abs 1 ZPO.
39) Siehe Dittrich/Tades, ABGB35 E 10, 10a zu § 1496 ABGB.
40) EB RV 24 BlgNR 22. GP zu § 22 ZivMediatG.
41) § 22 Abs 2 zweiter Satz ZivMediatG.
42) § 22 Abs 2 erster Satz ZivMediatG.
43) Vgl Dittrich/Tades, ABGB35 E 8ff zu § 1496 ABGB; Bydlinski, ABGB II 33§ 1501 Rz2a.
44) Ferz/Filler, Mediation, Gesetzestexte und Kommentar 60.
45) Bei Verstößen hat dies zwar keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen, doch wird die Subsumtion dieser individuellen Konfliktlösungsvariante unter dem rechtlich (ZivMediatG) „geschützten" Terminus Media¬tion - mit all ihren Folgen - unmöglich.
46) Eidenmüller, Vertrags- und Verfahrensrecht der Wirtschaftsmediation (2001) 8 ff.
47) ZB „Den anderen ausreden lassen."
48) Fitsch, Rechtsfragen des Mediationsvertrages, JAP 2000/2001, 70, 74.
49) Die Unterlassung der Aufklärung über das Honorar konnte zu einem teilweisen Verlust des Anspruchs führen.
50) Fitsch, Rechtsfragen des Mediationsvertrages, JAP 2000/2001, 70, 74.
51) Siehe Koziol/WelserV2, Bürgerliches Recht 87f.
52) Vgl Fitsch, Rechtsfragen des Mediationsvertrages, JAP 2000/2001, 70, 77.
53) Apathy in Schwlmann2 § 859 Rz 9f.
54) Es wird jedenfalls zu fordern sein, dass das Mediationsverfahren nach angemessener Zeit beendet wird. Ist eine Lösung nicht möglich, wird der Mediator darauf hinzuweisen haben.
55) Vgl Fitsch, Rechtsfragen des Mediationsvertrages, JAP 2000/2001, 70, 78.
56) AA Eidenmüller, Vertrags- und Verfahrensrecht der Wirtschaftsmediation 23.
57) So auch Fitsch, Rechtsfragen des Mediationsvertrages, JAP 2000/2001, 70,81.
58) Vgl Ferz/Filler, Mediation, Gesetzestexte und Kommentar 130.
59) Phasen der Mediation, Trennung von Inhalts- und Prozessebene, Fragetechniken etc.
60) Welser in Dorolt/Haschek (Hrsg), Die Haftung für Rat, Auskunft und Gutachten, Schriftenreihe Recht Wirtschaft AuBenhandel Bd 4 (1983) 5f.
61) ZB, dass der voraussichtliche Ausgang eines Gerichtsverfahrens weit vorteilhafter wäre.
62) Fur eine solche Verpflichtung spricht sich Eidenmüller, Vertrags- und Verfahrensrecht der Wirtschaftsmediation 38, aus.
63) Vgl EB RV 24 BlgNR 22. GP zu § 19 ZivMediatG.
64) Verfügt der Mediator allerdings aufgrund seiner sonstigen beruflichen Tätigkeit (zB als RA) über eine Haftpflichtversicherung und deckt diese auch das Risiko aus der Mediation, erübrigt sich der Abschluss einer zusätzlichen Haftpflichtversicherung.
65) Siehe § 19 Abs 1 ZivMediatG.
66) Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), BGBl I 1959/565 v 1. 8. 1959.
67) Neubauer, Mediation aus berufsrechtlicher Sicht, AnwBl 2001, 242 ff.
68) § 19 Abs 2 Z 2 ZivMediatG.
69) § 64 RL-BA.
70) § 65 RL-BA; § 9 Abs 2 RAO.
71) §67RL-BA.
72) § 68 RL-BA.

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